Wie kann Klimaschutz im Alltag gelingen? 18 Haushalte aus dem Kreis
Steinfurt wagten 2019 den Selbstversuch.
Der Kreis Steinfurt arbeitet mit dem Amt für Klimaschutz und Nachhaltigkeit und dem Verein energieland2050 seit mehreren Jahren an einer gelingenden Energiewende. 2013 wurde das Ziel von der Politik ausgerufen bis 2050 bilanziell Energieautark zu sein. Dieses Ziel kann nur gesamtgesellschaftlich erreicht werden. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien allein wird nicht ausreichen, auch das Mitwirken der Bürgerinnen und Bürger ist nötig. Diese können durch klimafreundliches Verhalten - bspw. kurze Wege mit dem Rad statt mit dem Auto zu fahren - den Energiebedarf deutlich reduzieren. Genau hierfür sollte das Projekt "Klimaschutzbürger 2.0" Anreize schaffen und die Teilnehmenden zum Ausprobieren einladen.
Der ökologische Fußabdruck
Der ökologische Fußabdruck (hier berechnen) einer Person aus Deutschland liegt im Schnitt bei 5,0 globalen Hektar. Würden alle Menschen so leben, wären 2,9 Planeten nötig, um den Ressourcenbedarf zu befriedigen.
Das Projekt Klimaschutzbürger 2.0 - Energiewende von unten
Im Projekt "Klimaschutzbürger 2.0" wurden Haushalte für ein Realexperiment gesucht, in dem nachhaltige Verhaltensweisen ausprobiert werden konnten. 18 Haushalte aus 12 Kommunen des Kreises Steinfurt machten mit und schaffen es ihren ökologischen Fußabdruck im Schnitt um 10 Prozent zu senken.
Gemeinsam mit Expertinnen und Experten erarbeiteten die Teilnehmenden
im Laufe des Jahres Maßnahmen zum klimafreundlichen Verhalten in den
Bereichen Ernährung & Konsum, Mobilität und Energiesparen &
Wohnen mit tollen Veranstaltung wie Klimakochkurs oder
Spritspar-Fahrtraining.
Neben dem Ausprobieren nachhaltiger Verhaltensweisen, stand im Projekt
auch der gegenseitige Austausch der Teilnehmenden getreu dem Motto "Tue
Gutes und rede darüber." im Vordergrund.
Veranstaltungen im Projekt
Nachfolgend gibt es einige Informationen und Impressionen zu den Veranstaltungen des Projektes "Klimaschutzbürger 2.0":
Auftaktveranstaltung - 31.01.2019
Die Auftaktveranstaltung fand im Foyer des Amts für Klimaschutz und Nachhaltigkeit in Steinfurt statt. Auf der Agenda stand nach der Begrüßung durch Landrat Dr. Klaus Effing und den Vorträgen von Uli Ahlke (Amt für Klimaschutz und Nachhaltigkeit) sowie von Carolin Bohn und Tobias Gumbert (ZIN, Uni Münster) vor allem das gegenseitige Kennenlernen.
Besichtigung der Ausstellung KonsumWandel - 22.02.2019
Steffi Neumann vom Verein Vamos
aus Münster führte durch die Teilnehmenden durch die Ausstellung "Konsumwandel - wir können auch anders". Anschließen
diskutierten die Anwesenden angeregt über die Themen Ressourcenkonsum,
Kreislaufwirtschaft, alternative Lebensstile und darüber, was es zum glücklich
sein im Leben braucht.
Workshop "Klimaschutz gut kommunizieren" - 22.03.2019
Referentin Felizia Göltenboth, Studentin der Geographie an
der Universität Tübingen, gab einen Einblick in die Nutzung von Facebook und Instagram und
stellte erfolgreiche Kanäle zum Thema Nachhaltigkeit vor.
Nach der Theorie ging es für die Klimaschutzbürger direkt in
die Praxis: In Kleingruppen wurde mit viel Spaß und Engagement erarbeitet, wie
klimaschutzrelevante Themen mit kreativen Motiven dargestellt werden können.
Workshop "Ernährung und Konsum" - 13.04.2019
Die Klimaschutzbürger kamen zum Themeninput "Ernährung und Konsum" in der Familienbildungsstätte Rheine zusammen.
Zunächst gab es einen thematischen Input durch drei Kurzvorträge. Über das Thema "Nachhaltige Ernährung" referierte Katharina Koch (a'verdis GbR). Brigitta Bolte berichtet über ihr Familienprojekt "Plastikverzicht" und zeigte wie alltägliche Gebrauchsgüter wie Shampoo oder Waschmittel mit wenigen Handgriffen plastikfrei hergestellt werden können. Steffi Neumann (Vamos e.V.) berichtete darüber, wie Bekleidung fair und nachhaltig beschafft werden kann.
Im Anschluss definierten die Haushalte eigene Maßnahmen und Handlungsziele, die sie ausprobierten und über die Umsetzung berichteten.
Klimakochkurse - 11. & 17.05.2019
Auf der Speisekarte der Kochkurse standen Delikatessen aus dem Kreis Steinfurt. Der Fokus der Kurse lag darauf, möglichst nachhaltig mit regionalen und saisonalen Lebensmitteln zu kochen. Die erste Gruppe kochte am 11. Mai im Berufskolleg Rheine und die zweite Gruppe am 17. Mai in der Hauptschule Tecklenburg.
Ludger Busch leitet die Schulmensa am Berufskolleg Tecklenburger Land in Ibbenbüren und hat sich der gesunden und umweltfreundlichen Ernährung verschrieben. Sein gebündeltes Wissen gab er bei den Kochkursen an die Klimaschutzbürger weiter. Dabei kam auch der Spaß nicht zu kurz.
Workshop "nachhaltiges Gärtnern" - 08.06.2019
Bei diesem Workshop im Kötterhaus des Kreislehrgartens lernten die Klimaschutzbürger von Referentin Miriam Schwenker (Geschäftsführerin des Landesverbands der Gartenbauvereine NRW e.V.), wie die vorhandene Fläche, ob Garten oder Balkon, für die Selbstversorgung genutzt werden kann. Darüber hinaus ging es auch um die Pflege von Pflanzen, bedarfsgerechtes und umweltfreundliches Düngen sowie darum, welche Insekten im Garten nützlich sind.
Auch die Kinder waren fleißig und sehr kreativ: Sie bastelten eigene "Traumgärten" und nutzen ausrangierte PET-Flaschen, um Kresse auszusähen.
Stadtradeln - 30.05.-19.06.2019
Unter dem Namen "Energieradler2050" machten 21 Klimaschutzbürger gemeinsam beim Stadtradeln für den Kreis Steinfurt mit. Dabei kamen sie auf insgesamt 7.308 km (Platz 40 von 398 Gruppen im Kreis Steinfurt).
Der Kreis Steinfurt belegte national bei den Kommunen mit 100.000 - 499.999 Einwohner den 1. Platz und insgesamt den 5. Platz aller teilnehmenden Kommunen.
Workshop "Mobilität" - 10.07.2019
Wie kann die Mobilität der Zukunft aussehen? Wie kann
jeder Einzelne sein Mobilitätsverhalten nachhaltiger und damit
klimafreundlicher gestalten? Diese und weitere Fragen
diskutierten die Klimaschutzbürger beim Workshop "Mobilität" in der Radbastler-Werkstatt der Kolpingsfamilie Emsdetten.
Alina
Klanke, Projektmanagerin beim Zweckverband SPNV, und Mathis Perkert vom
Zukunftsnetz Mobilität NRW referierten über aktuelle Formen nachhaltiger Mobilität im Kreis Steinfurt und über Zukunftstrends.
Im Anschluss berichteten einige Klimaschutzbürger von ihren
Erfahrungen mit einem Elektro- bzw. Hybridauto und über ihre Beweggründe zur
Anschaffung. Christian Käufler von der FH Münster lieferte Zahlen und Fakten zur E-Mobilität und machte
deutlich, dass nicht Elektromobilität allein, sondern ebenso verbesserte und
vernetze Angebote im Bereich des ÖPNVs eine wichtige Rolle spielen, um ein
nachhaltigeres Mobilitätsver- halten zu fördern. Joachim Behrla von den Radbastlern der Kolpings-familie warb für den Einsatz von Lastenrädern.
Zum Abschluss formulierten die teilnehmenden Haushalte
eigene Ziele und Maßnahmen zum Mobilitätsverhalten, die sie in den folgenden
Wochen ausprobierten.
Spritsparfahrtraining - 10.08. & 22.09.2019
An zwei Terminen konnten die Klimaschutzbürger im Rahmen eines Eco-Fahrtrainings beim ADAC-Fahrsicherheitszentrum in Haltern am See zunächst theoretisch und anschließend praktisch ausprobieren, weniger Sprit beim Fahren zu verbrauchen.
Alle Teilnehmer konnten ihren Verbrauch durch Tipps wie frühes Schalten und vorausschauendes Fahren reduzieren. Spitzenwert war die Einsparung von einem Liter Kraftstoff auf auf 100 km.
Infostand beim LEADER-Parkleuchten, 23. + 24.08.2019
Beim Parkleuchten 2019 wurden der Innenhof der LWL-Klinik sowie der Hortensia Garden in Lengerich mit Anbruch der Dunkelheit mit Lichtern und Klängen stimmungsvoll in Szene gesetzt.
Als Rahmen gab es einen Markt der Möglichkeiten, auf dem die Klimaschutzbürger mit einem Infostand zum Projekt und mit Tipps und regionalen Angeboten für ein ressourcenschonendes Leben vertreten waren und sich rege mit den Besuchern austauschten.
Workshop "Energiesparen und Wohnen" - 21.09.2019
Energie gewinnen und gleichzeitig einsparen. Dies war Inhalt des Workshops "Energiesparen und Wohnen", der im Bioenergiepark in der Klimakommune Saerbeck stattfand.
Bei einer Führung durch den Bioenergiepark zeigte Thomas Dertenkötter vom Förderverein Klimakommune Saerbeck e.V., wie das ehemalige Militärdepot-Gelände für die Erzeugung von Strom durch Wind und Sonne genutzt wird. Dabei hatten die Klimaschutzbürger Gelegenheit, ein Windrad von innen zu sehen.
Beim anschließenden Workshop wurde Theorie erfahrbar gemacht. Prof. Dr. Konrad Mertens von der FH Münster hatte ein "Energierad" im Gepäck, mit dem veranschaulicht wird, wieviel Aufwand nötig ist, um eine Kilowattstunde Strom zu erzeugen. Beim Radfahren würde es im mittleren Tempo fünf Stunden dauern, um eine Kilowattstunde zu erfahren. Alternativ kann diese am Strommarkt für 30 Cent gekauft werden. In seinem Vortrag ging Prof. Mertens auf die Vorteile der Energiegewinnung durch Photovoltaik-Anlagen ein. Gegenwärtig werden im Kreis Steinfurt nur 16 Prozent der geeigneten Flächen hierfür genutzt, obwohl es finanziell lukrativ ist, wenn der erzeugte Strom für den Eigenbedarf genutzt wird. Sein Plädoyer war: "Macht die Dächer voll." Denn Solarstrom ist auch ein Beitrag zum Klimaschutz.
Anschließend referierte Energieberater Franz Wennemann vom energieland2050 e.V. über energetische Gebäudesanierung und zeigte auf, welche Möglichkeiten es gibt, Wärmeverluste vorzubeugen und Energie einzusparen.
Zum Abschluss formulierten die Klimaschutzbürger eigene Ziele, die sie in den folgenden Wochen ausprobierten.
Vortrag "FAIRreisen - Nische oder Notwendigkeit?" - 05.11.2019
„FAIRreisen – Nische oder Notwendigkeit?“ Zu dieser Frage referierte Buchautor Frank Herrmann
auf gemeinsame Einladung des energieland2050 e.V.,
des Goethe-Gymnasium Ibbenbüren und der Fairtrade-Steuerungsgruppe in der Mensa des Gymnasiums in Ibbenbüren vor 130 interessierten Gästen.
Die gute Nachricht des Abends war: Fairer
und nachhaltiger Tourismus ist möglich! Der internationale Tourismus
bringt allerdings viele Nebenwirkungen mit sich: Müll,
Trinkwasserknappheit, Luftverschmutzungen sowie teilweise überlaufene
Strände oder Städte. Die Herausforderungen nehmen zu, der internationale
Tourismus wächst stark. Herrmann zeigte auf, welche Aspekte vor,
während und nach einer Reise beachtet werden können, damit diese
möglichst nachhaltig ist. Hierzu stellte er viele konkrete Tipps vor.
Beispielsweise können durch freiwillige CO2-Kompensationen
Klimaschutzprojekte unterstützt werden.
Infostand bei "Lengerich for future" - 08.11.2019
Mit einem Infostand informierte der energieland2050 e.V. über das Projekt Klimaschutzbürger 2.0 die Interessierten in der Gempthalle.
Im Rahmen eines Workshops stellte Projektkoordinator Christian Böckenholt das Projekt vor. Klimaschutzbürgerin Angrit aus Lienen-Kattenvenne berichtete von den gemachten Erfahrungen.
Weihnachtlicher Zukunftsworkshop - 29.11.2019
Im Café Clara des Kloster Gravenhorst kamen die Klimaschutzbürger zum Zukunftsworkshop in vorweihnachtlicher Atmosphäre zusammen.
Eingangs referierte Prof. Dr. Susanne Stoll-Kleemann von der Universität Greifswald zum Thema "Individuelle Verhaltensveränderung - Vorbild in der Klimakrise" aus umweltpsychologischer Perspektive.
Anschließend diskutierten die Klimaschutzbürger mit den Projektkoordinatoren darüber, wie sie nach Projektende gerne weiter zum Thema "nachhaltige Lebensweise" arbeiten wollen.
Abschlussveranstalung - 29.02.2020
Bei der Abschlussveranstaltung kamen die
Projektteilnehmenden erneut im Amt für Klimaschutz und
Nachhaltigkeit in Steinfurt zusammen.
Gemeinsam wurde auf ein bewegtes und
bewegendes Projektjahr mit einer Diashow zurückgeblickt. Zudem wurde Bilanz
gezogen. Wie hat sich der ökologische Fußabdruck durch die Projektteilnahme
verändert und wie bewerten die Teilnehmenden ihre Verhaltensänderungen?
Anschließend verfassten die Klimaschutzbürger einen Brief mit guten Vorsätzen
für den Klimaschutz für das kommende Jahr an sich selbst. Diese erhalten sie
Ende 2020 per Post von der Projektkoordination.
Danach war es
Zeit danke zu sagen: Danke für die Projektteilnahme und das Engagement für den
Klimaschutz. Dies wurde zelebrierte mit Beiträgen der Poetry Slammer Jens
Kotalla aus Münster und Marius Hanke alias Zwergriese aus Essen. Nach einer
Videobotschaft von Landrat Dr. Klaus Effing erhielten die Projektteilnehmenden
Urkunden für die Teilnahme am Projekt sowie eine Sonderedition „Klimaschutzbürger“ der Münsterland Botschaft.
Ausgezeichnet wurde das Projekt 2020 im Bundeswettbewerb "Klimaaktive Kommune" in der Kategorie "Kommunaler Klimaschutz zum Mitmachen". Der Wettbewerb wird vom Bundesumweltamt und vom Deutschen Institut für Urbanistik (difu) jährlich ausgelobt und ist mit einem Preisgeld von 25.000 Euro dotiert.
Wissenschaftliche Begleitung
Wir danken herzlich der Hochschule Osnabrück, insbesondere Prof. Stefanie Wesselmann sowie ihren Studierenden, dem Zentrum für Interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung (ZIN) der Universität Münster als auch Felizia Göltenboth (Studentin der Universtität Tübingen) für die wissenschaftliche Begleitung und Unterstützung!
Projektbericht
Der Projektbericht mit einer ausführlichen Evaluation kann hier herunterladen werden.