Arbeitskonferenz des Ökosystems „Soziales“ im Handlungsfeld Demografie
42 Teilnehmende aus Verwaltung, Wohlfahrtsverbänden und Ehrenamt waren der gemeinschaftlichen Einladung des Smart Region Büros und des Sozialdezernats des Kreises gefolgt. Dass Handlungsbedarf in diesem Themenbereich besteht, lässt sich leicht beobachten, denn die Digitalisierung bewirkt nicht nur technologische Veränderungen. Auch die gesellschaftlichen Auswirkungen und Herausforderungen einer zunehmend digitalen Welt werden mehr und mehr spürbar. Wir beobachten eine wachsende Vereinsamung und fehlende Teilhabemöglichkeiten bestimmter Gruppen, denen aus verschiedensten Gründen der Zugang zu digitalen Technologien erschwert wird. Nicht zuletzt ist eine an vielen Stellen spürbare gesellschaftliche Spaltung zu beobachten.
Eine smarte Region löst nicht nur technologische Herausforderungen, sondern muss ebenso gesellschaftliche Herausforderungen aktiv anpacken und Lösungen bieten!
Dass wir im Kreis Steinfurt und in den 24 Städten und Gemeinden dabei nicht bei null anfangen, ergab die ausführliche Bestandsaufnahme, die das Smart Region ab Frühjahr 2023 durchgeführt hatte und dabei 75 Leitfadeninterviews mit relevanten Akteuren geführt hat. Ein wichtiges Ergebnis: Es gibt bereits zahlreiche Angebote in den Städten und Gemeinden. Bei „Pauline ist cool!" in Steinfurt erarbeitet ein ehrenamtliches Team mit Seniorinnen und Senioren alltagspraktische Digitalkompetenzen. Das „Haus für alle“ in Altenberge hat sich zu einer Plattform und Drehscheibe für ehrenamtliches Engagement entwickelt. In der Medienwerkstatt Mettingen werden Medienkompetenzen trainiert, um digitale Endgeräte und Prozesse sinnvoll im alltäglichen Leben nutzen zu können. In der Teestube Lengerich geht es darum, Vertriebene und Geflüchtete, die inzwischen in der Stadt leben, zu betreuen und zu begleiten. Das sind vier von vielen erfolgreichen Beispielen dafür, was in der Region bereits gemacht wird.
Aber – das hat die Bestandsaufnahme auch gezeigt – nicht auf alle Herausforderungen gibt es bereits passende Antworten und es gibt unterschiedlichste Hürden, die es zu überwinden gilt. So fehlt vielen Zielgruppen der Zugang zu passenden Informationen. Gleichzeitig fehlen den Anbietern von hilfreichen Angeboten passende Kanäle, um auf interessante Vorhaben hinzuweisen. Dazu kommen organisatorische Fragestellungen: Wie sichere ich die Finanzierung? Wie gewinne ich ausreichend Ehrenamtliche? Wie können nachhaltige Strukturen aufgebaut werden?
Probleme liefern die wichtigsten Ansätze für die Entwicklung wirklich guter Lösungen.
Im Rahmen der Bestandsaufnahme wurde auf Basis der Rückmeldungen aus den 75 Leitfadeninterviews des Smart Region Büros drei Lösungsideen entwickelt, die nun in dem Arbeitsgruppentreffen diskutiert und verfeinert wurden.
Damit die insgesamt 42 Teilnehmenden vorab einen neutralen und professionellen Eindruck bekamen, welche Lösungen möglich sind und welche Herausforderungen in dem Kontext sonst noch wichtig sind, gab Prof. Mirko Sporket in seinem Vortrag einen wissenschaftlichen und gleichzeitig praxisnahen Blick auf die Thematik. Er forscht im Fachbereich Sozialwesen der FH Münster zum Schwerpunkt „Alter(n) und Demografie“.
Prof. Mirko Sporket vom Fachbereich Sozialwesen der FH Münster lieferte interessante Fakten und Beispiele als Impuls und Inspiration.
Mit diesem Wissen ausgestattet wurden von den Teilnehmenden die Herausforderungen von besonders betroffenen Zielgruppen unter die Lupe genommen. Betrachtet wurden die Interessen, Wünsche aber auch Herausforderungen von Seniorinnen und Senioren, Menschen mit Behinderung, Menschen mit Migrationshintergrund sowie Kindern und Jugendlichen. Neben zielgruppenspezifischen Problemstellungen wurden auch Herausforderungen identifiziert, die auch weitere Bevölkerungsgruppen vor Herausforderungen stellen. Dies sind vor allem komplizierte digitale Services, Bürokratie und auch Hemmschwellen, die sich durch eigene Scham oder Angst ergeben.
Auch die Herausforderungen der Akteure, die in der Region Hilfsangebote anbieten, wurden nochmals näher unter die Lupe genommen. Zeit und Geld sind große Probleme, aber auch die zunehmende Komplexität von Herausforderung und Strukturen.
Es ruft folglich nach Lösungen. Folgende drei Ansätze wurden im Rahmen des Arbeitsgruppentreffens diskutiert und vertieft.
Die Teilnehmenden gaben aktiv Feedback und Anregung zu den entwickelten Lösungsideen im Handlungsfeld „Demografie“
Um Bürgerinnen und Bürgern einen besseren Überblick über Hilfs- und Unterstützungsangebote zu verschaffen, wurde die Idee eines digitalen Angebotsfinders entwickelt. Dieser soll in der Region gemeinschaftlich entwickelt und betrieben werden. Die Idee: Durch die zentrale Bündelung von Informationen in einer gemeinsamen Digitallösung können alle Kommunen ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Angebotsfinder bereitstellen, ohne hohe Kosten für die Beschaffung oder Entwicklung einer eigenen Lösung zu tragen. Auch die Möglichkeiten der Nutzung von KI, um die zahlreichen Informationen und Angebote nutzendenzentriert darzustellen, wurden im Workshop angedacht.
Um Begegnung in den Städten und Gemeinden zu fördern und um die Ortsgemeinschaft zu beleben, soll das Angebot an Anlaufstellen und Begegnungsorten ausgebaut und gefördert werden. Diese „Dritten Orte“ stellen die zweite Lösungsidee dar und bündeln soziale Angebote, vernetzen Akteure vor Ort systematisch und verbinden Menschen miteinander. Sie geben Orientierung, um Hilfesuchende, Vereine und Helfende zusammenzubringen und sind gleichzeitig Indikator und Sprachrohr für wichtige Bedarfe und Themen der Zielgruppen. Die Teestube Lengerich, das Haus für Alle in Altenberge oder auch die Medienwerkstatt Mettingen sind positive Beispiele, wie diese Dritten Orte aufgestellt sein können und einen positiven Effekt auf das Zusammenleben vor Ort haben.
Um diese Anlaufstellen zu stärken, soll eine sinnvolle ortsübergreifende Vernetzung implementiert und die Betreiber bei der weiteren Professionalisierung unterstützt werden. Diese Aufgabe soll eine zentrale Einrichtung übernehmen, die als eine Art „Kümmerer-Unit“ Dritte Orte und die dort häufig ehrenamtlich Tätigen unterstützt. Dies ist die dritte Lösungsidee. Die Einrichtung soll als Zuhörer, Dienstleister, Trend-Scout, Coach und Vernetzer kontinuierlich Mehrwerte und zielgruppenspezifische Angebote für die Akteure gemeinschaftlich mit diesen entwickeln.
Die Teilnehmenden des Workshops hatten die Möglichkeit, Anregungen und ihre eigenen Ideen für die drei Lösungsansätze zu liefern. Natürlich wurden auch Herausforderungen oder Hürden für eine Umsetzung aufgezeigt.
Ein entscheidendes Ergebnis des Workshops war, dass die Teilnehmenden aus den verschiedensten Einrichtung den Prozess der Umsetzung der Lösungsideen zukünftig aktiv unterstützen und sich dabei einbringen wollen. Mit den Erkenntnissen und vielen neuen Impulsen aus dem Workshop werden nun in Kernteams die nächsten Schritte vorangetrieben.